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In Zeiten der Pandemie

25. Mrz 2020

Reflexionen des Co-Präsidenten der Internationalen Katholischen Friedensbewegung Marc Stenger

Wir erleben gerade, dass die Pandemie, die mit der Verbreitung des Coronavirus verbunden ist, starke Auswirkungen auf viele Aspekte des Zusammenlebens der Menschen hat und als solche auch pax christi und die katholische Soziallehre der Kirche betrifft. Viele denken bereits an die Zeit nach der Pandemie, als sei das eine Zeit, in der alles wieder so sein wird, wie es vorher war, in der wir das, was wir aufgeschoben haben, genießen werden –  und das ist verständlich. Aber es ist wahrscheinlich und wir sollten hoffen, dass nach dieser harten Erfahrung nichts mehr so sein wird wie vorher. Wir alle müssen über die Zeit nach dem Coronavirus nachdenken und das nicht, indem wir einfach auf unsere bisherigen Grundsätze und Praktiken zurückgreifen.

Die Pandemie ist nicht nur ein gesundheitlicher Notfall. Sie beeinträchtigt und stört die sozialen Strukturen und verdeutlicht uns viele Schwächen unserer Lebensweise. Der enorme Einsatz des Gesundheitspersonals kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir einem solch schweren Sturm nicht gewachsen sind. Überdeutlich zeigen sich die Unzulänglichkeiten unseres Wirtschaftssystems, das  Profitstreben absolut setzt und den Warenaustausch schon aus dem Gleichgewicht brachte, als dieser eigentlich hätte florieren sollen. Der Engpass bei der Produktion und Lieferung von Schutzmasken, den China glücklicherweise ausgleicht, ist nur ein Beispiel dafür. Das zeigt, wie berechtigt die in der Enzyklika in "Laudato Si" dargelegte Kritik an einer Gesellschaft und einem System ist, das Eigennutz den Vorzug vor dem Gemeinwohl gibt. 

Das Verhältnis von Mensch und Natur muss neu hinterfragt werden. Eine Form des "Naturalismus" ließ uns vergessen, dass "alles miteinander verbunden ist", dass wir Natur und Menschenleben nicht getrennt, sondern beides zusammen denken müssen, und das eine nicht retten können ohne das andere zu schützen. Wenn wir diese Krise nicht als Aufforderung  verstehen, den Umgang miteinander zu reflektieren in Bezug auf Respekt und die Gestaltung der globalen Beziehungen, wenn wir nicht erkennen wie sie zurzeit auf Gewalt beruhen statt auf Dialog und Gewaltlosigkeit, dann wird uns diese Krise zu nichts Neuem führen. Jetzt geht es darum, die bestehende Art der Globalisierung zu hinterfragen, die den Mächtigen nützt, den Schwachen aber Ungerechtigkeit bringt, und die unter dem Vorwand trügerischer Sicherheit Gewalt einsetzt. Wir nehmen eine Denkart von Universalität wahr, die nur vorgibt Unterschiede zwischen den Nationen zu überwinden. Was wir brauchen ist die Umkehr zu einer Spiritualität, die wie Papst Franziskus sagt, den selbstbezogenen Egoismus der Menschheit überwindet. 

Der 20. März 2020 war der siebte Jahrestag des Pontifikats von Franziskus. Während dieser sieben Jahre waren seine starken Worte und seine Demut ein lebendiges Zeichen des Evangeliums in Aktion. Mitten in der Krise erfahren wir eine Stimme, die glaubt, die hofft, die voller Liebe und Trost für alle ist, besonders für die Schwächsten. Papst Franziskus bittet um Gerechtigkeit, um  Respekt vor den Kulturen und um die Anerkennung der Würde jedes Menschen. Und er schenkt  uns "Laudato Si" als Charta, die in der Ära nach dem Coronavirus mehr und mehr unsere Orientierung werden könnte. 

Mgr. Marc Stenger                                                                 

Co-Präsident Pax Christi International

 

Übersetzung ins Deutsche von Christine Hoffmann und Horst-Peter Rauguth